Leseprobe aus Hilke Rosenbooms: Rezepte, für die man geheiratet wird


Wir erwarten, dass Sie sich bereits ausgetobt haben und dass es Sie nicht mehr nach Männern gelüstet, die mit einer Dose Kaviar zwischen den Zähnen und Ihnen in den Armen über Tische und Bänke springen. Wir glauben fest daran, dass Sie schon mal nackt und in Gesellschaft eines Herrn, der diese Beziehung nicht wirklich verdient, Spagetti gegessen haben und dass Sie in der Lage wären, ein Bananensplit so gedankenverloren zu verzehren, dass Ihr derzeitiger Begleiter auf dumme Gedanken käme. Alles geschenkt. Doch darum geht es hier nicht. Es geht darum, einen geeigneten Ehemann zu finden, den besten von allen. Und es geht darum, ihn zu binden. Austern binden nicht. Austern regen die Hormone an. Das ist ja schön und gut und gehört hier gar nicht her.

Was wir wollen, ist etwas vollkommen anderes. Wir wollen die Phantasie eines Mannes anregen: Was wäre, wenn ich diese Käsespätzle ein Leben lang essen müsste? Was wäre, wenn meine zukünftigen Kinder mit diesem Grießflammeri mit Himbeersahne aufgezogen würden und ich gelegentlich etwas abbekäme? Wie würde ich mich fühlen, wenn ich bereits ein alter Sack wäre und meine Frau büke mir immer noch diese wundervollen weichen Herzwaffeln? Alles wäre gut! Und von dieser Erkenntnis bis zum Absondern des eigentlichen Heiratsantrages sind es nur Sekunden. Dahin müssen wir sie kriegen. Dahin kriegen wir sie auch. Doch eines nach dem anderen.

Sind Sie eigentlich ein Bild von einer Frau? Blutjung? Ist Ihre Haut so zart wie Marzipan? Haben Sie Soziologie studiert und cum laude abgeschlossen? Besitzen Sie ein Aktienpaket? Müssen Sie Ihr Geld wiegen, weil es zum Zählen zuviel ist? Sind Sie nett? Dünn? Lustig? Wissen Sie, was eine Abseitsfalle ist? Können Sie schweigen? Beschlägt der Spiegel, wenn Sie hineinsehen? Sind Sie also eine richtige Traumfrau? Haben Sie all diese Fragen mit ja beantwortet? Prima. Ist Ihnen eigentlich schon einmal aufgefallen, dass Sie immer noch nicht verheiratet sind? Ist Ihnen das nicht merkwürdig vorgekommen?

Ihre alte Freundin Corinna jedoch ist verheiratet. Glücklich. Mit einem Mann, bei dem der Spiegel beschlägt, wenn er hineinsieht. Für alle, die noch nichts von Corinnas legendärer Hässlichkeit, von ihrem Übergewicht und von ihren Häschenzähnen gehört haben, nur so viel zu ihrer Beschreibung: Sie ist so langweilig, dass ihre zahlreichen niedlichen Kleinkinder abends um sieben freiwillig ins Bett gehen und tief schlafen, bevor ihre Köpfchen auch nur die Kissen berührt haben. So langweilig war Corinna schon immer. (Bei ihrer Trauung musste der Standesbeamte zweimal angestupst werden.) Außerdem ist sie unscheinbar bis zur Durchsichtigkeit. Stets gewesen. Und den tiefen Teller hat sie auch nicht erfunden... Wie also hat sie sich IHN geangelt? Kann sie vielleicht hexen? Wir wissen es nicht und wollen keine weiteren scheußlichen Details erfahren. Nur diese kleine Bemerkung noch: Wir hätte Corinna auch unter die Haube gebracht. (Vorausgesetzt, sie könnte lesen, was aber leider nur begrenzt der Fall ist.)

Wir schaffen es mit jeder. (Falls einem bei Ihrem Anblick nicht sofort schlecht wird, falls Sie unter hundert Kilo wiegen, die Fünf-Sterne-Stellungen des Kamasutra auswendig und ohne Wadenkrampf können und eine nahezu abbezahlte Eigentumswohnung besitzen, ist das sehr schön. Für Sie. Vergessen Sie diese Dinge für eine Weile. Mit dem Erfolg dieses Projekts hat das alles nichts zu tun.) Alles wird gut.

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