Kurt Tucholsky


1929, das Jahr in dem Berlin Alexanderplatz erschien, verließ der Gesellschaftskritiker und Satiriker Kurt Tucholsky sein Berlin für immer. Wie Döblin, so hatte auch ihn diese Stadt geformt. Hier war er am 9. Januar 1890 geboren, hier hatte er die Schule besucht und neben Jena, wo er in Jura promovierte, und Genf studiert.

Und hier hatte er unter fünf Namen als Schriftsteller gewirkt. Tucholsky war unter den Pseudonymen Peter Panter, Theobald Tiger, Ignaz Wrobel und Kasper Hauser Mitarbeiter der "Schaubühne" und "Weltbühne", die er mit Siegfried Jacobsohn und dem späteren Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky  zu einem der aggressivsten und wirksamsten publizistischen Instrumente der Weimarer Republik machte.

Er kehrte Berlin und Deutschland den Rücken, als er mit dem sprunghaften Erstarken rechtsradikaler Parteien die Katastrophe eines neuen Krieges kommen sah, vor dem er, der überzeugte Linke und Pazifist, leidenschaftlich gewarnt hatte. Verbittert lebte er noch einige Jahre in Schweden. Als er immer deutlicher erkannte, welchen verhängnisvollen Weg Deutschland unter Hitler nahm, schied er kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember 1935, in Hindas/Schweden freiwillig aus dem Leben.

Tucholskys Wesen war zwiespältig, es vereinigte beißenden Spott mit sentimentaler Gefühlstiefe, Schnoddrigkeit mit klarer Selbstkritik. Nicht in festgefahrenen Vorstellungen und Vorurteilen befangen zu bleiben, vielmehr um jeden Preis die Wahrheit aufzuspüren, davon ist dieser Nachfahre Heines besessen.

In Hunderten von satirischen Prosaskizzen, Gedichten und in Betrachtungen, die an eine alltägliche Beobachtung anknüpften, hat Tucholsky die herrschenden Klassen, Beamte, Offiziere, Industrielle, und Funktionäre, und den kleinen Mann auf der Straße unter die Lupe genommen. Seine Gegner haben den oft Temperamentvollen bitter gehasst und 1933 seine Bücher verbrannt. Manches von dem, was er in der Hitze des Tages geschrieben hat, ist mit seiner Zeit verweht.

Doch als Meister der knappen satirischen Charakteristik und der geistvollen Skizzen hat er die deutsche Literatur bereichert. Seine beiden Romane Rheinsberg und Schloß Gripsholm sind selbst heutzutage noch überaus erfolgreich.

© Gabriele Thlon


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