Anna Seghers - Jans muss sterben - Rezension Lettern.de Anna Seghers - Jans muß sterben

Aufbau Verlag
Hardcover,
96 Seiten
8
,89 € 
ISBN 3-351-03499-7

 

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Passend zum 100-jährigen Geburtstag Anna Seghers entschloss sich ihr Sohn Pierre Radvanyi, ein Typoskript seiner Mutter, 1924 entstanden, herauszugeben. Die bisher unbekannte Erzählung fand er zwischen anderen Papieren, die 1940 in Paris zurückgelassen wurden, als die Familie vor der anrückenden Wehrmacht nach Mexiko floh. Das eng beschriebene Manuskript, das die Autorin niemals publiziert hat, birgt meisterhafte Literatur.

Jans muß sterben

Die Geschichte beschreibt die wechselnden Stimmungslagen von Mutter, Vater und Kind in ihrer Klassenarmut. Die Familie lebt beengt, wie viele andere proletarische Arbeiterfamilien, in einem Zimmer. In diesem einen Zimmer findet das gesamte Familienleben statt; Marie, die Mutter, eine adrette, lebenslustige hübsche Frau und ihr eher ruhiger und gutmütiger Mann.

Ihre Liebe zueinander ist längst dem Alltagstrott und der Sorge um das tägliche Leben gewichen. Viel bleibt nicht mehr, außer die inwendige Liebe zu ihren Sohn Jans. Keiner der Beiden ahnt, dass dies einmal anders werden könnte.

Aber dann geschieht das Unglück: Jans erkrankt schwer und es besteht keine Hoffnung auf Heilung - Jans muß sterben. Der Kummer und das Leid um ihr so geliebtes Kind, beginnt die Eheleute anfangs noch mehr zu trennen. Jeder verschließt seinen Schmerz in sich und vor dem Anderen. Erst als der Vater ausbricht, mit der unbändigen Kraft seines Schmerzes um den Sohn, die Enge des Alltags und der Qual verlässt, finden die Eheleute wieder zueinander, in einem gemeinsamen Schmerz, in ihrer Liebe, und zu einen zweiten Kind.

Diese schöne Geschichte, noch am Anfang einer schriftstellerischen Karriere entstanden, zeigt aber schon das hervorragende Talent dieser Autorin. Mit kraftvoller, poetischer Sprache schildert Anna Seghers eine für die damalige Zeit spezifische Familiengeschichte. Hunger, der kein Hunger nach Nahrung ist, sondern die Suche nach einem Fluchtweg aus dem Kleinbürgertum und Proletariat.

All dies, was sicher Anna Seghers selber kennen gelernt und gesehen hat, was sie als Thema über Jahre beschäftigt hat, wurde in dieser kleinen Erzählung wiedergegeben.

Ein Buch, das auch in der heutigen Zeit nicht nur Unterhaltungswert hat.

© Kathie Meier 2000


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