Tom Holt - Mein Held Tom Holt - Mein Held

Heyne Verlag 
382 Seiten, TB

ISBN 3-4531-4933-5

 

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Ich konnte natürlich nicht hören! Da sagt mir mein Arzt: "Schone dein Zwerchfell und lies so schnell keinen weiteren Tom Holt", aber Vogl konnte wieder nicht hören - was mein Zwerchfell nicht ganz so toll fand.

Zum Buch:

Wieder einmal hat Tom Holt es geschafft eine Story zu entwerfen, bei der der Leser erst einmal einige Zeit eine weiße Fahne schwenken muss, bis er dann endlich, wenn er tapfer weiter liest, seine Belohnung in der Form der Auflösung bekommt.

Zur Story: Nein. Fangen wir erstmal mit den Figuren an:

Jane Arnitage, eine nicht so berühmte Autorin mittelmäßiger Fantasy-Romane,
Skinner, ein noch unberühmterer Verfasser noch schlechterer Wild-West-Romane,
Regalian, einer der Helden Janes,
Tatania, das romantische Element,
Ein sprechender Schoffield von Smith und Wesson,
und Hamlet.

Natürlich spielen auch noch einige Nebenfiguren mit, wenn sie auch nur eine Art Gastauftritt haben. So begegnet man auch noch Sherlock Holmes und Graf Dracula - aber das nur am Rande.

Zur Story:

Eines netten sympathischen Abends erscheint in Janes Traum der Wildwest-Autor Skinner und erklärt ihr, dass er vor 36 Jahren irgendwie in die Welt der Literatur gezogen wurde, und seit eben diesen 36 Jahren auf der Flucht vor einem Kopfgeldjäger ist, und das nur, weil er mit seinem sprechenden Schoffield mal sein Spielegelbild erschossen hatte, was aber nicht wirklich sein Spiegelbild war. Und nun soll Jane eben eine Geschichte schreiben, in der ihr Held, Regalian, in diese Wilde-Westen-Gegend gelangt, um ihn da rauszuholen.

Nachdem Jane mit ihrem Helden telefoniert hat (doch doch, das geht schon. Oder dachten Sie etwa, das eine literarische Figur nicht tatsächlich existiert?), nimmt er diesen Auftrag tatsächlich an - und ab geht's in den rauen Westen. Zeitgleich beschwert sich Hamlet darüber, dass er diese dämliche Rolle als dänischer Königssohn nicht mehr spielen mag und verlangt von der Agentur, die literarische Figuren verleiht, eine neue Aufgabe. Leider benimmt er sich dabei nicht sonderlich prinzlich, und das weiß die Agentur sehr wohl zu schätzen. Und so befördern sie ihn in einen neuen Körper, in den von Frankenbothom. (Wer da jetzt Parallelen zu Frankenstein zieht, liegt gar nicht verkehrt.)

Nur befindet sich Hamlet nicht nur im Körper von Frankenbothom, sondern zudem noch in der Wirklichkeit! Nun will er sowohl aus diesem Körper (was laut Agentur momentan einfach nicht möglich ist), als auch in die Literatur zurück. Und es gibt wohl nur einen Menschen, der in der Lage ist zu helfen: Jane Armitage.

Die Autorin jedoch erfährt auf wunderbare Weise, was es bedeutet, in einer Geschichte zu stecken, genauer in Krieg und Frieden. Währenddessen prügeln sich Regalian und Skinner durch die Literaturgeschichte, lernen das romantische Element, mit Namen Tantitia, kennen, eine Powerfrau und Amazone, landen im Wunderland von Alice im Wunderland und noch einigen anderen Welten. Es geht sogar soweit, dass der Kopfgeldjäger und Regalian in der Wirklichkeit landen (und sich ein heißes Gefecht liefern und den Leser erfahren lassen, dass auch Literaturfiguren in der Wirklichkeit verdammt zäh sind und sich locker und easy und ohne große Probleme aus den schwierigsten Fesselungen befreien können).

Nach einigen Irrungen und Wirrungen - und mittels einer Figurenbombe (was das ist, wird im Buch sehr gut beschrieben) -, gelangen alle Akteure zusammen und treffen dort auf eine Literaturagentin namens Claudia, die mit ihnen etwas Bestimmtes vorhat. Nichts wirklich Tragisches, bloß den Untergang der wirklichen Welt! Die Helden haben nur noch eine Chance: sie müssen jemanden dazu bringen, die Geschichte weiter zu schreiben, um sie aus dem Schlamassel zu befreien.

Und da tritt unser adeliger Blutsauger auf dem Plan. Mittels eines legalen Tricks (das so genannte Verfassergesetz, das einem Autoren erlaubt, alle absoluten Widerstände zu ignorieren und etwas zu erschaffen, weil es unmöglich ist, es zu erschaffen) wird Graf Dracula also aufgefordert einen Roman zu schreiben, was natürlich ein Leichtes ist. Und so befinden sich die 5 Helden kurze Zeit später nicht mehr im Makulaturraum, dafür jeder in einem Sarg, der dann in einer Krypta steht. Na ja, und als kleiner Nebeneffekt für die Rettung, sind sie mal eben so zu Vampiren geworden. Nur: damit sind sie noch längst nicht aus dem Schneider.

Claudia hat ihren Plan nicht verworfen und braucht nun mal die Menschen und die Figuren, um die Welt zu vernichten und die vier apokalyptischen Reiter (eingetragenes Warenzeichen) durch die Lande reiten zu lassen; und auch der Kopfgeldjäger ist noch immer hinter Skinner und Regalian her. Während es den Protagonisten gelingt, den Kopfgeldjäger auszutricksen, scheint Claudias Plan, sich Figuren und Menschen ineinander verlieben zu lassen, aufzugehen.

Wenn diese beiden Welten, Fiktion und Real, verschmelzen, dann ist das Ende der Welt gekommen. Der Showdown läuft...

Mit Mein Held ist Tom Holt zweifelsohne wieder einmal ein Geniestreich gelungen, auch wenn ich zugeben muss, dass es doch nicht unbedingt an Immer Ärger mit Georgie herankommt. Zwar findet man auch in diesem Buch zahlreiche Gags, über die man herzhaft lachen kann, und einige skurrile Einfälle, bei denen man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt, aber es lässt sich auch ein wenig zähflüssiger lesen. Zudem sind einige - wenige! - Gags sehr übertrieben. Sogar so sehr, dass statt des lauten Lachens eher ein dünnes Lächelchen erzeugt wird.

Nichtsdestotrotz: wer nicht unbedingt die reine pure Logik in einem Roman sucht und sich hinstellt und sagt: Hauptsache viele witzige Ideen, viel Spaß und einfach eine Menge skurriler Typen, der sollte auf jeden Fall zugreifen. Ich jedenfalls freue mich schon auf den nächsten Holt.

© Michael Vogl 2001


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