Jonathan Safran Foer: Alles ist erleuchtet Jonathan Safran Foer - Alles ist erleuchtet

Fischer Verlag 
broschiert,
384 Seiten
9,95 €
ISBN 3-596-15628-9
Hörbuch: 3-829-11349-8

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Einige gute Gründe, dieses Buch zu lesen:

Es ist ein schönes, ein kluges, ein äußerst kunstvoll geschriebenes Buch. Der Autor war fünfundzwanzig Jahre alt, als der Roman erschien, aber das Schnöselige, das manche von uns an jungen deutschen Autoren stört, ist hier nirgends zu finden. Es ist nämlich in diesem Buch kein Platz für Schnöseligkeit, weil wahnwitziger Humor so etwas nicht zulässt. Trauer allerdings verträgt sich durchaus damit, die schon.

Der Plot ist einfach: Ein junger Amerikaner möchte etwas über seine jüdischen Vorfahren in Russland erfahren. Er hat nicht viel mehr Anleitung als ein Foto seines Großvaters mit einer Frau, einen Städtenamen, vielleicht.

Die, die in Russland führen, ein chaotisches Team von Großvater, Enkel und Hund, sind vollkommen unfähig, bei der Suche zu helfen und zudem gleichermaßen unverschämt wie liebenswert. Sie erweisen sich gegen alle Wahrscheinlichkeit aber doch als hilfreich, weil sie wohl selbst in die schlimme Geschichte der Juden dieser Gegend verwickelt sind - der Großvater sich sogar schuldig fühlt. Ohne es eigentlich zu wollen, führen ihre Verbindungen zu den Antworten, die der Held sich selbst zusammensetzen muss. Auf wunderbare Weise wird das alles durchaus zu einer Geschichte, so rar und seltsam die Fundstücke auch sind.

Jonathan Foer hat die Sprache erschaffen lassen, was für ihn oder für seinen Helden in Russland nicht mehr zu finden war. Das Schtetl ist unsichtbar geworden, aber die Briefe, die der junge Russe ihm in unzureichendem, großmäuligen Englisch schreibt (die deutsche Übersetzung macht das gut!) zeichnen Bilder. Die Sagen die auftauchen, geben bösen Geschichten aus der Vergangenheit märchenhafte Wendungen, ohne sie zu versüßen. Aufzeichnungen eines hinzuerfundenen phantastischen Verwandten erklären die Welt auf umwerfende Weise in jüdisch-philosophischer Tradition. So kommt etwa die Auskunft zustande, dass Tiere Dinge seien, die Gott mag, aber nicht liebt, Gegenstände hingegen Dinge, die Gott nicht mal mag.

Für Leser, die ein wenig geübt darin sind, literarische Qualität wahrzunehmen, ist das Buch von Jonathan Safran Foer eine Freude und ein großes Vergnügen. Die Trauer, wie gesagt, gehört zu solcher Weltsicht. Das aberwitzig Komische hat sie sowieso im Repertoire.

Wer sich sonst beim Lesen nur von Handlung fangen lässt und unter "Literatur" etwas Furchterregendes wie Klassiker vermutet, könnte es mit dem Foer doch mal versuchen. Das ist durchaus Literatur. Aber wer sich mitgerissen fühlt, fragt sich gar nicht mehr warum.

© McPaulchen 2003


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